(eigentlich Rosalie Beatrice Scherzer, 11.5.1901 Czernowitz – 3.1.1988 Düsseldorf) gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20.Jahrhunderts. Sie stammt aus einer assimilierten jüdischen Beamtenfamilie. Nach dem Mädchenlyzeum in Czernowitz studierte sie 1919-1920 (als Freihörerin) Philosophie an der Universität Czernowitz (Platon, Spinoza) Um diese Zeit beteiligt sie sich am sog. „Ethischen Seminar“ in Czernowitz, wo sie die Lehre des Berliner jüdischen Philosophen Constantin Brunner entdeckte. 1921, nach dem Tode des Vaters, wandert sie gemeinsam mit ihrem Studienfreund Ignaz Ausländer (Heirat 1923; Scheidung 1930) in die USA aus. Dort arbeitet sie als Bankangestellte, Zeitungsredakteurin („Westlicher Herold“, „America-Herold“) und publiziert ihre ersten Gedichte in deutschsprachigen Zeitungen. 1931 Rückkehr nach Czernowitz, Veröffentlichungen in den Bukowiner und Siebenbürgischen Presseorganen („Czernowitzer Morgenblatt“, „Der Tag“, „Klingsor“). 1939 erscheint im Czernowitzer Verlag „Literaria“ der erste, neuromantisch geprägte Gedichtband „Der Regenbogen“. Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Czernowitz 1940 wurde die Dichterin inhaftiert und dreieinhalb Monate wegen Spionageverdacht im Gefängnis verbracht. 1941-1944 war sie im jüdischen Ghetto von Czernowitz (Gedichtzyklus „Ghettomotive“). Nach dem II. Weltkrieg wandert Rose Ausländer wieder in die USA aus. Längere Zeit schrieb sie Gedichte nur in englischer Sprache. 1957 besuchte die Dichterin Paul Celan in Paris, den sie noch aus dem Czernowitzer Ghetto kannte. Um diese Zeit kehrt sie zur Muttersprache zurück und verzichtet auf klassische Formen. Der Übergang zu freien Rhythmen und zur assoziativen Technik geschieht bei grundsätzlicher Beibehaltung mimetischer Darstellungsprinzipien („Blinder Sommer“, 1965, „36 Gerechte“, 1967). 1964 kehrte Rose Ausländer nach Europa zurück und ließ sich in Düsseldorf nieder (seit 1972 im Nelly Sachs-Haus, dem jüdischen Altersheim). In ihrer letzten Lebensphase (1972 – 1987) entstanden über 20 Gedichtbände („Inventar“, 1972, „Ohne Visum“, 1974, „Andere Zeichen“, 1975, „Noch ist Raum“, 1976, „Gesammelte Gedichte“, 1976 u.a.). Das thematische Spektrum ihrer Gedichte schließt „das Eine und das Einzelne“ ein: „Kosmisches, Zeitkritik, Landschaften, Sachen, Menschen, Stimmungen, Sprache“ bei epigrammatischer Verknappung der dichterischen Aussage. Das Leitmotiv der Bukowina als Symbol der verlorenen Heimat erscheint in vielen Gedichten mit nostalgischer Färbung („Der Vater“, „Sadagorer Chassid“, „Czernowitz I-II“, „Rareu“, „Kimpolung im Schnee“, „Pruth“, „Bukowina I-IV“, „Vermächtnis“ u.a.). Mehrere Gedichte widmete sie den Bukowiner Literaten und Künstlern (Elieser Steinbarg, Itzig Manger, Alfred Margul-Sperber, David Goldfeld, Paul Celan, Bernhard Reder u.a.). Werkausgaben: „Gesammelte Werke. Bd. I-8“, hg. von H.Braun. – Frankfurt am Main: S. Fischer 1984-90; „Gesammelte Werke. Bd. 1-16“, hg. von H.Braun. – Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1992-96. Übersetzungen ins Ukrainische und ins Russische liegen seit einigen Jahren vor. Am Geburtshaus der Dichterin in der ehemaligen Morariugasse (heute vul. Sahaidačnoho, 58) wurde zum hundertjährigen Geburtstag der Dichterin eine Gedenktafel angebracht.