(eigentlich Gregor von Rezzori d’Arezzo, 13.5.1914, Czernowitz – 23.4.1998, Donnini bei Florenz, Italien) – deutschsprachiger Schriftsteller, Funk-, Film- und Illustriertenautor, Filmdarsteller und Karikaturist. Er wurde in der Familie des Architekten und Malers des Bukowiner Religionsfonds, Konsistorienrates Hugo von Rezzori geboren. Der Junge erhielt eine Hauserziehung unter Aufsicht von Gouvernanten in Czernowitz, später führte ihn sein Bildungsweg durch Gymnasien in Kronstadt (heute Braşov in Rumänien), Fürstenwald und Wien. Er studierte Montanistik in Leoben sowie Zeichnen, Architektur und Medizin in Wien. Seit 1938 lebte er mit rumänischem Pass in Berlin, wo er für illustrierte Zeitschriften zu schreiben begann. Die rumänische Staatsbürgerschaft schützte ihn von der Einberufung in die deutsche Wehrmacht. Dort publizierte er seine ersten Romane („Flamme, die sich verzehrt“, 1939, „Rombachs einsame Jahre“, 1942, „Rose Manzani“, 1944). Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Rezzori im Hamburger Rundfunk, verfasste Reportagen und Drehbücher, spielte Titelrollen in einigen Filmen (u. a. mit der französischen Schauspielerin Brigitte Bardot), lebte zeitweise in Frankreich und in den USA. 1960 ließ sich der Schriftsteller in italienischen Toscana nieder. Vier Jahrzehnte war er ein Mensch ohne Staatsbürgerschaft, 1985 wurde ihm österreichische Staatsangehörigkeit verliehen. – Seinen ersten literarischen Erfolg hatte Rezzori mit dem Erscheinen seines Buches „Maghrebinische Geschichten“ (1953), dessen Handlung in einem fiktiven Land Magherbinien spielt und die groteske Welt der habsburgisch-balkanischen Wirklichkeit (inklusive die Bukowina) darstellt. Die Popularität dieses Buches stellt bis heute spätere Werke Rezzoris in den Schatten. Der Kolportageroman „Ödipus siegt bei Stalingrad“ (1954) spiegelt das Leben des Berliner Bomond kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wider. „Maghrebinische“ Realität kehrt in einem der besten Romane des Autors „Ein Hermelin in Tschernopol“ wieder (1958, Westberliner Theodor Fontane-Preis) – einer Geschichte des modernen Don Quichote, des Husarenmajors Tildy, der zum Opfer seines hypertrophen Ehrgefühls wird. Für dieses melancholische Werk verglich die Literaturkritik Rezzori mit M.Proust und Th.Mann. In den 60er Jahren erscheinen Rezzoris ironisch-sarkastischen, „mondänen“ Werke: „Männerfibel“ (1961), vier Bände von „Idiotenführer durch die Deutsche Gesellschaft“ (1962-65) mit einem Schwerpunkt auf Hochadel, Adel, Schickeria und Prominenz sowie verschiedene Mystifikationsfortsetzungen der maghrebinischen Reihe („Bogdan im Knoblauchwald: Ein maghrebinisches Märchen“, 1962, „1001 Jahre Maghrebinien: Eine Festschrift“, 1967, „Der arbeitslose König: Maghrebinische Märchen“ u.a.), in welchen das „balkanische“ Element unaufhaltsam braust. – Schmerzliche psychologische Brüche, Reflexionen eines europäischen Intellektuellen, der seine Verantwortung für das Schicksal der Welt erkennt, gibt der Roman „Der Tod meines Bruders Abel“ (1976) wieder. In dem mit seinem Titel provozierenden Roman „Memoiren eines Antisemiten“ (1979) polemisiert Rezzori gegen die im Bewusstsein der Zeitgenossen tief verwurzelten Stereotypen im Verhältnis zu den Juden und deckt die Gründe auf, welche den Antisemitismus weiterleben lassen. In Rezzoris poetischstem Buch „Blumen im Schnee“ (1989) – „Portraitstudien zu einer Autobiographie, die ich nie schreiben werde“ – tauchen noch einmal melancholische Bilder der in der Bukowina verbrachter Kindheit auf. Hier sind liebevoll die Gestalten des Vaters, der Mutter, der Schwester, der Gouvernante Strauserl und der Amme Kassandra geschildert. Eine Art Bilanz des Lebens und des Werkes des Schriftstellers bilden die autobiographischen Bücher „Greisengemurmel“ (1994) und „Mir auf der Spur“ (1997), die eine neue, „postmoderne“ Schreibweise Rezzoris aufweisen. – Nach dem Erfolg von „Maghrebinischen Geschichten“ begann die deutsche Literaturkritik Rezzori nur als einen trivialen Autor zu betrachten oder ihn aus „ästhetischen“ Gründen vom deutschsprachigen Literaturprozess abzukapseln, indem sie aktuelle Problematik und künstlerischen Wert seiner Werke nicht wahrhaben wollte. Echte Gründe dafür liegen in der Mentalität Rezzoris, die mehr mit der romanischen als mit der germanischen Weltsicht zu tun hat. Sie äußert sich in seinem Vokabular und Stil, in seiner Denk- und Sprechweise, die mit der Psychologie der „deutschen Seele“ stark kontrastieren. Dagegen ist dieser Autor jenseits der deutschsprachigen Welt, insbesondere in Italien und in den USA sehr beliebt, hoch geschätzt und viel übersetzt. Das Geburtshaus des Schriftstellers in der Gartengasse (heute Fedkowicz-Gasse) hat sich nicht erhalten, dagegen kann man noch ein kleines Häuschen in der ehemaligen Liliengasse (heute Iwan Franko-Strasse 24) sehen, wo in den 30er Jahren seine Mutter wohnte.